Die digitale Transformation hat die deutsche Wirtschaft fest im Griff. Die Digitalisierung im Mittelstand ist dabei eines der zentralen Themen – und ein großer Schmerzpunkt. Insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) spüren den Druck, digital aufzuholen – sei es durch gesetzliche Anforderungen, steigende Kundenerwartungen oder neue Wettbewerber mit digitalen Geschäftsmodellen. Doch häufig fehlt es an strategischer Klarheit. Digitale Technologien werden angeschafft, digitale Plattformen eingeführt, aber ohne klare Ziele und Prozesse bleibt der Erfolg meistens aus.
Wo liegt das Problem? Fehlende Klarheit statt fehlender Tools
Der Mittelstand investiert jedes Jahr Milliarden in elektronische Hard- und Software sowie digitale Services. Trotzdem zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, dass lediglich 20 % der Unternehmen ihre digitalen Projekte mit festgelegten Zielen und einer klar dokumentierten Roadmap verfolgen. Die Mehrheit kämpft mit unklaren Prioritäten, mangelhaften Qualifikationen von Beschäftigten und ineffizienten Prozessen.
Ohne strategische Klarheit bleiben digitale Tools oft wirkungslos – egal wie modern sie sind. Sie landen dann als bunte Icons auf dem Bildschirm, aber verändern nichts im Alltag.
Beispiel: Ein Handwerksbetrieb führt eine neue App zur Einsatzplanung ein. Doch weil die Abläufe nicht vorher durchdacht wurden, nutzt das Team weiterhin den alten Wandkalender – digital ist da gar nichts passiert
Digitale Transformation – die Zahlen sprechen Klartext
Laut KfW Research und Bitkom sind nur 35 % der KMU in Deutschland bei digitalen Projekten tatsächlich erfolgreich. Trotz hoher Investitionen hinkt die deutsche Wirtschaft im internationalen Vergleich hinterher. Fehlende IT-Sicherheit in der Wirtschaft und unzureichender Wissens- und Technologietransfer behindern zusätzlich den Fortschritt.
Auch das verarbeitende Gewerbe steht vor enormen Herausforderungen durch Industrie 4.0 und disruptive Innovationen. Dabei sind gerade KMU stark auf Forschung und Innovation angewiesen, um digitale Geschäftsmodelle erfolgreich zu implementieren.
Externe Rahmenbedingungen erhöhen den Druck
Neue gesetzliche Anforderungen, etwa im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung (E-Rechnung) oder die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), verschärfen die Situation zusätzlich. Ohne klare Strategie und effiziente Prozesse drohen finanzielle Risiken und Wettbewerbsnachteile.
Fokus auf Prozesse, nicht auf Plattformen
Viele digitale Anwender glauben, Tools allein würden ausreichen, um Digitalisierung erfolgreich umzusetzen. Doch entscheidend sind:
- klare Ziele und Prioritäten
- definierte Verantwortlichkeiten
- transparente Erfolgsmessung
Digitale Plattformen sollten Prozesse optimieren und Geschäftsmodelle stützen – nicht ersetzen.
Automatisierung und KI – Die Chancen erkennen und nutzen
Prozessautomatisierungen, beispielsweise durch Robotic Process Automation (RPA), reduzieren Durchlaufzeiten erheblich. Big Data und generative KI bieten zusätzlich enorme Potenziale. KI unterstützt Vertrieb und Kundenservice mit automatisierten Abläufen, personalisierten Angeboten und gezielten Upselling-Chancen.
Aber wie startet man überhaupt mit KI? Ein sogenannter KI-Readiness Check hilft dabei, den Reifegrad des Unternehmens realistisch einzuschätzen. Stelle dir folgende Fragen: Wie gut sind Prozesse bereits digitalisiert? Wo liegen mögliche Einsatzfelder für KI? Wer im Unternehmen bringt das nötige Wissen mit?
So werden automatisierte Prozesse zur echten Lernchance für die gesamte Organisation.
Der entscheidende Faktor: Digitale Klarheit beginnt bei der Führung
Erfolgreiche Digitalisierung beginnt nicht bei der IT, sondern im Kopf der Führungskräfte. Es geht darum, gezielt zu fragen:
- Welche Prozesse kosten unnötig Zeit?
- Wo blockieren manuelle Abläufe?
- Welche digitale Technologie schafft konkret Abhilfe?
Erst wenn hier Klarheit besteht, entfalten digitale Tools ihre volle Wirkung.
Was scale up mittelständische Unternehmen lehrt, bevor sie digitalisieren
Die Erfahrung zeigt: Der größte Hebel für echte Fortschritte bei der Digitalisierung liegt nicht in neuen Produkten oder digitalen Plattformen – sondern in Klarheit und konsequenter Umsetzung. scale up hilft Führungsteams dabei, die richtige Flughöhe zu finden: Woran arbeiten wir im nächsten Quartal? Wer ist verantwortlich? Wie kontrollieren wir den Fortschritt?
Nutzen | scale up-Tool | |
---|---|---|
Fokus schaffen | Drei Digitalprojekte pro Quartal, klar priorisiert | One Page Plan |
Verantwortungen klären | Entscheidungswege schwarz auf weiß | Accountability Chart |
Rhythmus etablieren | Fortschritt wöchentlich sichtbar | Meeting-Struktur |
Mit diesem strukturierten Vorgehen gewinnen Unternehmen im Mittelstand nicht nur Transparenz, sondern auch Umsetzungsstärke. Sie erkennen, welche Digitalisierungsmaßnahmen wirklich entscheidend sind, wie sich der Digitalisierungsstand messen lässt – und wie digitale Plattformen als Verstärker wirken, nicht als Ablenkung.
Der Klarheits-Kompass: Von Klarheit zu Umsetzung
Der „Klarheits-Kompass“ – kann als Denkmodell verstanden werden. Er hilft Führungsteams, den Blick zu schärfen: Wo hakt es wirklich? Wo bringt Digitalisierung echten Nutzen? Und wie starten wir konkret?
Der Kompass ist eine Einladung zur Reflexion – strukturiert, pragmatisch und umsetzungsorientiert.
Schritt 1 – Schmerz sichtbar machen.
Welche Prozesse scheitern immer wieder? Welche unterstützende Prozesse sind nicht skalierbar?
Schritt 2 – Idealprozess entwerfen.
Wie sieht der optimale Ablauf ohne Tool aus?
Schritt 3 – Mini-Pilot starten Ein Team, ein Ziel, zwei Wochen. Lernen, anpassen, skalieren.
Checkliste:
- Tool-Reife ✓
- Ablauf klar? ✓
- Verantwortlich? ✓
- Nutzen verständlich? ✓
- Testgruppe definiert? ✓
- Kennzahl messbar?
→ Mindestens vier Haken? Dann loslegen.
Fazit: Klarheit ist das Fundament jeder erfolgreichen Digitalisierung
Studien, Praxis und unsere Arbeit mit Hunderten mittelständischen Unternehmen zeigen: Digitalisierung ist kein Tool-Thema – es ist ein Führungsthema. Wer den Wandel aktiv gestaltet, Herausforderungen in Chancen verwandelt und den Mut zur Fokussierung hat, wird nicht nur Prozesse digitalisieren, sondern auch die digitale Transformation strategisch verankern.
Ob es um Mittelstand-Digital, neue digitale Geschäftsmodelle, Prozessdigitalisierung oder Innovationen geht – der entscheidende Unterschied liegt in der Klarheit: Was ist wirklich wichtig? Wer übernimmt Verantwortung? Und wie schaffen wir einen verlässlichen Umsetzungsrhythmus?
Mit einer klaren Digitalisierungsstrategie, vernetztem Denken und einer Kultur, die Innovation willkommen heißt, wird Digitalisierung im Mittelstand nicht zur Überforderung – sondern zur echten Wachstumschance.
Weitere Blogbeiträge, die für den Mittelstand spannend sein könnten:
Quellen:
- https://www.kfw.de/%C3%9Cber-die-KfW/Newsroom/Aktuelles/News-Details_801984.html (zuletzt aufgerufen am 01.07.2025)
- https://www.bitkom.org/sites/main/files/2025-03/2025-bitkom-studienbericht-digitalisierung-der-wirtschaft.pdf (zuletzt aufgerufen am 01.07.2025)