Mitarbeiterführung 2025 – Dein Team wächst, die Orga-Chart füllt sich, die Umsatzzahlen steigen. Eigentlich solltest du vor Stolz platzen. Stattdessen klebt jede noch so kleine Entscheidung wie Kaugummi an dir.
Du springst als Entscheider von Projekt zu Projekt, gibst letzte Freigaben, checkst Präsentationen “nur kurz” und stellst fest: Je mehr du delegierst, desto schneller landet die Verantwortung wieder auf deinem Tisch. Dein Kalender platzt, dein Team wartet auf grünes Licht, und irgendwo zwischen OKR-Update und Investor-Call hörst du dich denken:
„Warum fühlt sich Führung plötzlich wie Dauerdienst am Helpdesk an?“
Genau hier stehen viele Führungskräfte, mit denen wir arbeiten. Wachstum ist ein Stresstest für Strukturen und Führungsmodelle und vor allem kein Selbstläufer. Hier setzt das Leader-Leader-Prinzip von U-Boot-Kapitän David Marquet an.
In diesem Artikel lernst du, wie du Schritt für Schritt aus der „Darf-ich?“-Kultur in eine „I intend to…“-Kultur wechselst, wie deine Mitarbeiter eigenständig Entscheidungen treffen und wie du dadurch endlich wieder Zeit für das Wesentliche gewinnst.
Keine Lust zu lesen? Unsere Empfehlung: Ich erkläre dir als Unternehmer und selbstständiger scale up Coach das Leader-Leader-Prinzip moderner Mitarbeiterführung in einem YouTube-Video.
Warum klassische Mitarbeiterführung an Grenzen stößt
Stell dir folgendes vor: Du bist Kapitän auf einem Atom-U-Boot. Du hast die Verantwortung für 135 Crewmitglieder. Und jede einzelne Entscheidung läuft über dich. Sekunden werden zu Minuten, weil alle auf dein Kommando warten. Auf einem Atom-U-Boot kostet das Zeit. Wertvolle Zeit, die über Leben und Tod entscheiden könnte.
Übertragen wir das mal auf deine Situation: Dein Unternehmen ist das U-Boot, dein Team die Crew und du der Kapitän. Jede Freigabe, jede Budgetfrage, jeder Kundencall landet auf deinem Tisch. Was unter Wasser über Leben und Tod entscheidet, kostet dich hier Marktchancen, Energie und Nerven.
Je weiter dein Unternehmen wächst, desto mehr Anfragen prasseln auf dich ein und merkst, wie der Kalender explodiert. Die Folge: Entscheidungen verzögern sich und Qualität leidet. Gleichzeitig spürst du, wie Motivation und Eigeninitiative im Team nachlassen. Wer stets auf Freigabe wartet, fragt irgendwann nicht mehr „WIE können wir das lösen?“, sondern nur noch „WAS soll ich tun?“. Talente, die eigentlich für ihre Aufgabe brennen, werden zu stillen Mitläufern. Nicht, weil ihnen der Antrieb fehlt, sondern weil Strukturen und Entscheidungswege sie Schritt für Schritt ausbremsen.
Und das Gefährlichste: Ein einziger Fehlentscheid an der Spitze wirkt wie eine falsche Kursangabe auf einem U-Boot: die gesamte Mannschaft steuert in die falsche Richtung. Im Business heißt das: Termine werden nicht eingehalten, Budgets laufen aus dem Ruder und, am schwersten wiegend, die Menschen dahinter brennen aus. Energie, Motivation und Vertrauen gehen verloren.
Kurz gesagt: Ein Führungsstil und Führungsverhalten, das auf dem Leader-Follower-Ansatz basiert, skaliert NICHT.
Wenn du dich in genau an dieser Stelle wiederfindest, ist kein persönliches Versagen, sondern ein Systemfehler und ein Zeichen dafür, dass die Grundlagen erfolgreicher Führungstätigkeit überarbeitet werden müssen. Die gute Nachricht: Führung lässt sich umbauen. Mit dem Leader-Leader-Prinzip verteilst du Verantwortung dahin, wo Entscheidungen entstehen. In den nächsten Kapiteln zeige ich dir, wie das Schritt für Schritt funktioniert.
Das Leader-Leader-Prinzip nach David Marquet
Der Ausgangspunkt für David Marquet ist folgender: Er steht als Kapitän eines Atom-U-Boots der US Navy vor 135 Menschen und jede einzelne Entscheidung läuft über seinen Tisch. Genau dieses klassische Leader-Follower-Muster stellt er radikal in Frage und entwickelt daraus ein völlig neues Verständnis von Leadership. Statt „oben denkt, unten führt aus“ etabliert er auf der USS Santa Fe eine Leader-Leader-Kultur. Die Verantwortung wandert dorthin, wo sie hingehört: direkt zu den Menschen, die handeln. Der Kern ist ein echter Paradigmenwechsel, weg von Kontrolle und Abhängigkeit, hin zu Eigenverantwortung und Mitdenken auf allen Ebenen. Daraus leitet Marquet drei konkrete Hebel ab: Control, Clarity und Competence.
Hebel 1 – Control
Nicht alles zentral freigeben, sondern Kontrolle gezielt abgeben. Menschen treffen bessere Entscheidungen, wenn sie echte Verantwortung tragen und die meisten wollen das auch. Kontrolle festzuhalten mag bequem erscheinen, ist aber kurzsichtig. Kontrolle abzugeben dagegen zeigt wahre Führungsstärke und gehört zu den wirksamsten Führungstechniken moderner Unternehmensführung.
Unser Tipp für dich:
Wähle drei Entscheidungen, die ab heute nicht mehr über deinen Tisch laufen. Kommuniziere klar an dein Team: „Das entscheidet ihr selbst. Ich melde mich nur, wenn ein echtes Risiko entsteht.“ Lege dazu ein paar Veto-Kriterien fest, zum Beispiel Compliance, Markenintegrität oder Budgetüberschreitung. So gibst du Handlungsspielraum, ohne die Kontrolle komplett aus der Hand zu geben. Nach zwei Wochen ziehst du Bilanz: Was lief gut? Wo braucht es noch Leitplanken? Passe an, was nötig ist, und setze den Prozess mit Konsequenz fort. So wächst Schritt für Schritt eine Kultur, in der Verantwortung selbstverständlich ist.
Tool-Empfehlung:
Nutze das PACe (Process Accountability Chart), um gemeinsam mit deinem Team schriftlich festzuhalten:
- Welche Prozesse müssen überarbeitet werden?
- Wie kann man den Erfolg messbar machen?
- Wer ist verantwortlich?
So bleiben Verantwortlichkeiten glasklar und landen nicht stillschweigend wieder auf deinem Tisch.
Hebel 2 – Clarity
Führung ist kein Titel, sondern eine Fähigkeit. Dein Job als Führungskraft: den Rahmen, die Richtung und die Erwartungen so klarmachen, dass Entscheidungen direkt vor Ort möglich sind, inklusive eindeutiger Grenzen.
Unsere Tipps für dich:
- Formuliere für jedes Ziel ein klares WARUM. Zum Beispiel: „Wofür optimieren wir in Q3?“ So versteht jeder, was hinter einer Aufgabe steckt.
- Definiere Kompetenzbereiche pro Rolle: „Hier triffst du die Entscheidung. Hier holst du ein Veto.“ Damit weiß jeder genau, wo er eigenständig handeln kann.
- Mach Leitplanken sichtbar. Am besten als kurze Liste: Muss / Darf / Darf nicht.
- Trenne sauber Informations- von Freigabepflicht: Nicht alles, was du wissen willst, musst du auch freigeben.
Das Ergebnis: Dein Team weiß, was „gut“ heißt und du musst nicht mehr jeden einzelnen Schritt begleiten.
Tool-Empfehlung:
Nutze Core Values und OKRs von scale up, um Rahmen und Erwartungen glasklar zu machen:
- Core Values: Sie sind die 3–5 zentralen Werte, die beschreiben, wofür dein Unternehmen steht und wie ihr zusammenarbeitet. Sie sind mehr als schöne Worte an der Wand, sie sind ein praktischer Entscheidungsfilter. In unklaren Situationen helfen sie dir und deinem Team, die Richtung zu finden und Entscheidungen zu treffen, die zu eurer Identität passen. Wenn jeder im Team die Werte kennt und lebt, sinkt der Abstimmungsaufwand und Entscheidungen werden konsistenter. Auch ohne, dass du als CEO jedes Detail freigeben musst.
- OKRs (Objectives and Key Results) sind ein Führungs- und Zielsystem, das ambitionierte Ziele („Objectives“) mit messbaren Ergebnissen („Key Results“) verbindet. Sie machen transparent, worauf das Team in einem definierten Zeitraum, meist ein Quartal, hinarbeitet und wie Erfolg gemessen wird. So entsteht Klarheit darüber, was wirklich Priorität hat, und unnötige Abstimmungen werden reduziert.
-> Hier findest du unser OKR-Komplettpaket mit Vorlagen, Beispielen und Anleitungen für die erfolgreiche Umsetzung.
Hebel 3 – Competence
Verantwortung ohne Können überfordert und führt oft direkt zurück ins Micromanagement. Der Schlüssel: Kompetenzen gezielt aufbauen und verteilen.
Unsere Tipps für dich:
- Starte klein: Lass die Person entscheiden, die am nächsten am Thema ist. Plane direkt danach ein 10-Minuten-Review. Zwei Fragen genügen: „Welche Annahme hattest du?“ und „Was lernst du fürs nächste Mal?“
- Baue gezielt Skills auf: Ergänze Mini-Trainings on the job (30–45 Minuten zu einem konkreten Skill) und setze auf Shadow-to-Lead. Erst zuschauen, dann anleiten, dann alleine machen.
- Wechsle vom Ansagen zum Coachen: Dein Beitrag verschiebt sich vom „Vorsagen“ hin zum gezielten Sparring.
Tool-Empfehlung:
Setze auf Topgrading, um gezielt die Entscheidungskompetenz in deinem Unternehmen zu stärken. Mit diesem Ansatz findest du nicht nur die besten Talente, sondern stellst sicher, dass sie in den Rollen arbeiten, in denen sie ihre Stärken voll entfalten können. Gleichzeitig identifizierst du bei bestehenden Mitarbeitenden Entwicklungspotenziale und Kompetenzlücken.
- Richtige Menschen in die richtigen Rollen bringen. So triffst du Personalentscheidungen, die langfristig tragen.
- Gezielte Entwicklung entlang vorhandener Stärken fördert Selbstvertrauen und Entscheidungsfreude.
- Kompetenzlücken durch Trainings und Shadow-to-Lead schließen: Das baut das Wissen dort auf, wo es für schnelle, sichere Entscheidungen gebraucht wird.
So wächst die Urteilskraft genau dort, wo sie gebraucht wird – und Verantwortung kann sicher übernommen werden.
Achtung: Dezentral heißt NICHT grenzenlos. Marquet setzt einen klaren Verantwortungsrahmen: Was in den Kompetenzbereich gehört, entscheidet das Team. Was sicherheitskritisch ist, wie im Fall eines Atom-U-Boots beispielsweise der Umgang mit Atomwaffen, bleibt zentral. Genau diese klare Trennlinie macht das Leader-Leader-Prinzip im Alltag praktikabel.
Ebenso entscheidend ist ein Perspektivwechsel in der Kommunikation hin zu „I intend to …“. Statt zu fragen: „Darf ich das? “, sagt die ausführende Person künftig: „Ich habe vor, X zu tun, weil …“. Damit übernimmt sie Verantwortung für ihre Entscheidung und die Führungskraft kann gezielt Rückfragen stellen oder, falls nötig, ein Veto einlegen. So fließen Entscheidungen nach unten, während die Qualität gesichert bleibt.
Schritt-für-Schritt zur dezentralen Mitarbeiterführung
Du weißt nicht, wo du anfangen sollst? Vollkommen normal. Wenn aktuell alles bei dir landet, wirkt Veränderung schnell wie ein riesiges Projekt.
Die gute Nachricht: Du brauchst nur ein paar klare Schritte, die sich leicht in deinen Alltag integrieren lassen.
1) Lage klären.
Stell dir drei kurze Fragen, notiere die zwei größten Engpässe und starte genau dort:
- Sage ich eher, was zu tun ist oder WARUM?
- Kontrolliere ich das WIE zu stark?
- Gibt es klare Grenzen, in denen mein Team entscheiden darf?
2) Rahmen setzen.
- Formuliere zu jedem Ziel ein WARUM.
- Lege für jede Rolle Kompetenzbereiche fest: „Hier entscheidest du selbst. Hier holst du Veto.“
- Schreib die Leitplanken als kurze Liste: Muss / Darf / Darf nicht.
3) Ritual einführen: „I intend to …“.
Ab heute gilt: keine „Darf ich?“-Fragen mehr. Dein Team formuliert beispielsweise so: „ICH HABE VOR (I intend to) Angebot A heute zu versenden, WEIL Budget und Scope passen.“ Du stellst Rückfragen oder vetost nur bei echtem Risiko. Das zieht Verantwortung nach unten.
4) Veto klar machen.
Definiere 3–5 Veto-Kriterien. Alles andere läuft von alleine: Gibt es keinen begründeten Einwand -> GO.
Damit bleibst du handlungsfähig, ohne zum Flaschenhals zu werden.
5) Kompetenzen aufbauen.
- Entscheiden üben, nicht vorsagen. Lass die fachlich nächste Person entscheiden.
- Dann führe das 10-Minuten-Review ein: „Welche Annahme hattest du? Was hast du gelernt? Was ändert sich fürs nächste Mal?”
- Ergänze kurze On-the-job-Trainings zu wiederkehrenden Lücken.
6) Klein starten, schnell lernen.
Wähle ein Pilot-Team und lege drei wiederkehrende Entscheidungen fest, die dieses Team ab sofort selbständig innerhalb klarer Leitplanken trifft. Teste das zwei Wochen lang, zieh Bilanz: Was war unklar? Wo gab’s Rückfragen? Was hat gut funktioniert? Du passt die Leitplanken an und machst sie teamweit verbindlich.
7) Fortschritt messen.
Drei einfache Metriken reichen, um zu sehen, ob dein Team schneller, eigenständiger und klarer wird:
- Entscheidungszeit (von Frage bis Go)
- Anteil Entscheidungen ohne Eskalation
- Rückdelegationen pro Woche.
8) Neue Führungsgewohnheit etablieren.
Plane einen festen 15-Minuten-Slot pro Woche ein, um Hindernisse zu klären, Veto-Kriterien zu justieren und gute Entscheidungen sichtbar zu machen. Kurz, konstant, konstruktiv.
Wenn du all diese Schritte umsetzt, dann bist du auf dem richtigen Weg.
Fazit & nächste Schritte
Führung heißt nicht, jede Entscheidung selbst zu treffen, sondern den Rahmen zu schaffen, in dem andere die besten Entscheidungen treffen können.
Genau das ist der Kern des Leader-Leader-Prinzips: Verantwortung dorthin geben, wo gehandelt wird. Wenn du Kontrolle bewusst abgibst, Klarheit schaffst und Kompetenzen aufbaust, entsteht eine Kultur, in der Verantwortung selbstverständlich ist und in der jeder im Team wie ein Kapitän denkt und handelt. Das entlastet dich, beschleunigt dein Unternehmen und macht dein Team stärker und deine Personalführung zukunftsfähig. Starte mit einem kleinen Schritt, teste, lerne, passe an. Jeder Schritt weg vom Flaschenhals hin zu einer Leader-Leader-Kultur zahlt direkt auf Wachstum, Motivation und Erfolg ein.
Wenn du dabei Unterstützung möchtest, ist das scale up CEO Growth Mentoring genau das Richtige: Du arbeitest eng mit einem erfahrenen scale up Coach, der dir zeigt, wie du Verantwortung gezielt ins Team bringst, Entscheidungsprozesse verschlankst und deine Führungsrolle auf das nächste Level hebst. Gemeinsam identifizieren wir die größten Hebel in deinem Unternehmen und setzen sie so um, dass dein Team schnell mehr Kompetenz, Klarheit und Eigenverantwortung gewinnt.
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